Laka und Hula

Laka: Gezähmt, domestiziert, zugeneigt, attraktiv; zähmen, domestizieren, begeistern. 

 

Auf Hawaii ist Laka wahrscheinlich vor allem als Schutzgöttin des Hula bekannt. Einer der mit ihr assoziierten Orte ist in Ke'e, Kaua'i. Als kino lau (Verkörperung) von Lono, dem Gott für Regen und Fruchtbarkeit, wacht sie über die Pflanzen des Waldes mit denen po'e hula ("Hula-Leute") sich selbst und den Altar schmücken, der in einem traditionellen halau hula einen Ehrenplatz inne hatte. Dahinter steht mehr, als die simple Absicht Menschen und Orte schön aussehen zu lassen. Gemäß den Regeln und der Etikette des Hula, repräsentierten die verschiedenen Pflanzen von Laka, meist einheimische Wald Flora, göttliche Persönlichkeiten und Qualitäten, die von Schülern des Hula angestrebt werden. Ein(e) haumana (Schüler(in)), welche(r) Stärke und Ausdauer benötigte würde etwa einen lei koa tragen oder einen Ast dieses Baums (Koa ist ein hoch wachsender Baum, mit geradem Stamm und sichelförmigen Blättern, der zur Herstellung von Kanus verwendet wird) zum Altar des halau bringen, um seinem/ihrem Bedürfnis nach dieser Qualität Ausdruck zu verleihen. Hier kommt außerdem die Bedeutung von Laka als "Zähmung/Bändigung" ins Spiel. 

 

Das Erlernen des Hula ist eine Prozess der Bändigung des undisziplinierten Körpers und Geistes, der Wald-Persönlichkeit. Für die Hawaiianer damaliger Zeiten stellte der Wald eine physische und spirituelle Bedrohung dar. Menschen konnten sich darin verlieren, verletzt oder getötet werden; er wurde von übernatürlichen Wesen bewohnt, die nicht immer wohlwollend waren. Im Gegensatz zum Chaos des Waldes stand der sorgfältig geordnete Raum des halau. So beginnt der Chant, mit dem unsere haumana um Eintritt in den halau bitten, mit den Worten: “Liu liu wale i ka uka…. lange (wanderte ich) in den hohen Wäldern des Berges...". Der physische Übergang des Schülers vom Wald zum halau reflektiert den mentalen Übergang vom wilden Kind zum ausgeglichenen Erwachsenen, sowie die Ausbildung eines sozialen Bewusstseins. 

 

Während der weite und weglose Wald den ziellos wandernden und unerzogenen Geist eines Kindes symbolisiert, reflektiert der halau die organisierte menschliche Gemeinschaft. Das harmonische Zusammenleben mit anderen Menschen erfordert Geduld, Höflichkeit und aloha. Da haumana hula, wie Kanureisende, einen engen Raum miteinander teilten, mussten sie diese Qualitäten leben. Impulsives und rücksichtsloses Verhalten wurde von den Amtsträgern des halau bestraft, deren Aufgabe es war das Einhalten der Regeln durchzusetzen. Es gab keinen Platz für Menschen, die das Erlernen von Disziplin oder die Autorität des kumu (Lehrer(in)) ablehnten. So talentiert sie sein mochten, würden sie doch nie wirkliche Tänzer werden. 

Tanzen erfordert physisches und spirituelles Gleichgewicht. Diese Balance erfordert ein Gleichgewicht zwischen Kraft und Eleganz, maskulinen und femininen Qualitäten, männlichen und weiblichen Personen.

 

Ein Aspekt traditioneller halau hula, der sie von der übrigen hawaiianischen Gesellschaft unterschied, in der Männer und Frauen verschiedene soziale Sphären besetzen und relative große sexuelle Freiheit genoßen, war, dass Männer und Frauen hier enthaltsam lebten.  Sexueller Kontakt war verboten und konnte einen Ausschluss aus dem halau zur Folge haben. Von jungen, attraktiven Angehörigen einer Kultur, die keinen großen Wert auf Abstinenz legte, erforderte das Zusammenleben innerhalb der Grenzen des halau sicherlich große Selbstbeherrschung. Diese Disziplin ist ein Aspekt von Laka.  

Kapo und Laka

 

Auf dem Hula Altar (kuahu) thront Laka in ihrem kino lau (Verkörperung) lama (Diospyros sandwicensis), einem Stück Holz dieses Baumes, das in gelbes Tapa gewickelt ist. Eine Bedeutung von lama ist Licht und dass Laka in dieser Form repräsentiert wird symbolisiert die Erleuchtung, die durch die Disziplin des Tanzes erreicht werden kann.  

 

Wie so oft in der hawaiianischen Metaphysik verbirgt sich hinter dieser scheinbar einfachen Form ein ganzes Dickicht an Ideen. Im Gegensatz zu den leichteren Hölzern wie hau und wiliwili ist lama, eine Untergattung der Ebenholz Familie, ein helles und dichtes Holz. Diese ungewöhnliche Kombination, die an die Harmonie von Zartheit und Härte in der 'ohi'a lehua (auch ein Laka Aspekt) erinnert, ist Ausdruck einer Dualität, die oft als die zwei Göttinnen Laka und Kapo visualisiert wird. 

 

Beckwith ("Hawaiian Mythology", S. 185) zitiert Emersons Aussage, dass Laka von Kapo geboren wird, und schlägt vor, dass diese beiden weiblichen Wesen, als Nachfahrinnen von Haumea, der göttlichen Mutter irdischen Lebens, zwei Aspekte der reproduktiven Kraft symbolisieren. Das stimmt damit überein, dass Laka (die zahme, attraktive) in einem Holz, das Licht verkörpert Form annimmt, während Kapo (die Dunkelheit) zu 'ohe (Reynoldsia sandwicensis) wird, einem giftigen Baum, der in einer einzigen Nacht auf Moloka'is  Mauna Loa emporwuchs (Beckwith, S. 111). Im polynesischen Denken geht po, die ursprüngliche Dunkelheit, ao, dem Licht, voraus und erzeugt es. Dementsprechend geht in dieser Kosmologie Kapo Laka voraus und gebiert sie. 

 

Als göttliche Schutzpatronin von lua, jener Kampfkunst die in Hula ihre Laka-Form annimmt, sowie von Zauberei und schwarzer Magie erscheint Kapo als finsterer Charakter. Sowohl lua, als auch Zauberei haben jedoch konstruktive Eigenschaften. Lua Meister waren in gleichem Maße fähig Knochen zu brechen und Knochen wieder zusammenzusetzen, während Zauberer ihre Macht nutzen konnten, um zu zerstören und um zu schützen.

 

Es gibt die Ansicht, dass Kapo die Rolle von Ku, dem Gott von Veränderung, Feuer, Krieg und Hexerei einnimmt, und Laka die von Lono. Das ist simplifizierend. Ku und Lono scheinen eher zwei Aspekte einer einzigen Macht zu sein. Es ist nicht immer klar, wo der eine beginnt und der andere endet. So wie das Ende von Lonos "Jahreszeit", die Makahiki Wochen, nicht immer klar vom Beginn der zeitlichen Herrschaft von Ku abzugrenzen ist, so scheint es sich mit Laka und Kapo zu verhalten.